Das Elitäre in den Künsten | Tanz und Theater
Elitismus und Populismus im amerikanischen Modern Dance
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In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der moderne Ausdruckstanz in den USA in engem Austausch mit Deutschland. Danach gingen US-amerikanische Tänzer*innen ihre eigenen Wege. Die Popularität des Modern Dance wurde auch durch politische Entscheidungen beeinflusst.
In den Dreißigerjahren bekam der amerikanische Modern Dance erstmals einen nationalen Charakter und erreichte den Höhepunkt seiner Beliebtheit in den darauffolgenden Jahrzehnten. Zeitgenössischer Tanz wurde in Kunsthochschulen und an Universitäten institutionalisiert, begeisterte ein breites theateraffines Publikum und leistete einen wichtigen Beitrag zum goldenen Zeitalter des amerikanischen Musicals in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Beliebtheit ließ sich jedoch nach dem Boom der Siebzigerjahre nicht fortsetzen. Am Ende des Jahrhunderts hatte sich der moderne Tanz, der jetzt postmoderner Tanz genannt wurde, zu einer elitären Form entwickelt, die hauptsächlich in New York und an Universitäten aufgeführt wurde.
Von 1900 bis 1930 waren der amerikanische und der deutsche moderne Tanz im Prinzip nicht zu unterscheiden. Solist*innen wie Isadora Duncan und Ruth St. Denis tourten sowohl durch Europa als auch durch die Vereinigten Staaten und sprachen besonders weiße Frauen der Mittelschicht an, die neue Möglichkeiten der weiblichen Mobilität in den Performances sahen – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne.
In den Dreißigerjahren etablierte der amerikanische Modern Dance seinen nationalen Charakter durch die Versuche amerikanischer Tänzer*innen, ihre künstlerische Praxis von den deutschen und europäischen Vorgängern abzuheben. Zwischen 1934 und 1939 bildete die Bennington School of the Dance unzählige moderne Tänzer*innen aus, von denen viele anschließend Studiengänge im Fach Tanz an Universitäten und Kunsthochschulen mitbegründeten. Einige der Bennington Künstler*innen waren außerdem Teil einer politisch linken Tanzbewegung, deren Mitglieder zu jener Zeit gewerkschaftlich organisierte Arbeiter*innen ausbildeten und vor einem Publikum von revolutionären kommunistischen Arbeiter*innen auftraten. In den Dreißigerjahren schlossen sich afroamerikanische Künstler*innen wie Katherine Dunham der Modern Dance-Bewegung an und stellten sie damit als eine von Weißen geprägte Kunstform in Frage, als die sie sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelt hatte.
1984 sah Bill T. Jones einen Auftritt von Pina Bausch während ihrer Premierensaison in New York; ihr ausladender Tanzstil sollte zu einem der vielen Einflüsse auf seine nachfolgende Karriere werden. In den achtziger und Neunzigerjahren begann der moderne amerikanische Tanz Einflüsse aus dem Ausland aufzunehmen: nicht nur aus dem deutschen modernen Tanz, sondern auch aus dem japanischen Butoh sowie modernem Tanz aus Lateinamerika und Asien. In der Tat stellen Historiker*innen durch diese jüngste Globalisierungsbewegung die nationale Perspektive auf den deutschen und amerikanischen Tanz in Frage und setzen sich stattdessen für eine transnationale Geschichte der Bewegung ein (Manning 2019). Die Globalisierung hat jedoch keineswegs zum Populismus geführt: Studien des National Endowment for the Arts zeigen, dass Liebhaber*innen des modernen Tanzes noch immer zu den gebildetsten aller Kunstkonsumenten gehören.
Bibliographie:
Daly, Ann. 1995. Done Into Dance: Isadora Duncan in America. Indianapolis: University of Indiana Press.
Foulkes, Julia. 2002. Modern Bodies: Dance and American Modernism from Martha Graham to Alvin Ailey. Chapel Hill: University of North Carolina Press.
Jowitt, Deborah. 1988. Time and the Dancing Image. New York: William Morrow.
Manning, Susan. 2004. Modern Dance, Negro Dance: Race in Motion. Minneapolis: University of Minnesota Press.
Manning, Susan. 2019. “Dance History,” in: Bloomsbury Companion to Dance Studies, ed. Sherril Dodds. London: Bloomsbury Publishing.
Perpener, John O. 2001. African American Concert Dance: the Harlem Renaissance and Beyond. Urbana: University of Illinois Press.
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