Katowice – Kulturzone
Ein festlicher Raum

Kulturzone in Katowice
Kulturzone in Katowice | Foto: Juliusz Sokołowski © JEMS Architekci

​Unter dem Motto „Stadt der Gärten“ präsentiert sich Katowice als eine ebenso grüne wie kreative und innovative Stadt. Das Wahrzeichen dieses Wandels ist die Kulturzone („Strefa Kultury“) – ein moderner Gebäudekomplex auf auf dem zwanzig Hektar großen Gelände des stillgelegten Bergwerks Katowice.

Von der Schwerindustrie zur Kreativindustrie – ein Szenario, das Dutzende Städte des Globalen Nordens bereits mit unterschiedlichem Erfolg durchexerziert ha1 verlor die Stadt zwar gegen Breslau den Wettbe „Stadt der ist die Kulturzone („Strefa Kultury“), die nördlich zwanzig Hektar großen Gelände des stillgelegten Bergwerks Katowice entstand.
 
Der Bergbau zog sich bereits in der Mitte des 20. Jahrhunderts allmählich aus der Stadt zurück. Damals entstanden auch die Pläne für den Bau der 1969 fertiggestellten, gigantischen Mehrzweckhalle, die aufgrund ihres futuristischen Aussehens scherzhaft als fliegende Untertasse („Spodek“) bezeichnet wurde und diesen Namen inzwischen auch offiziell trägt. Heute gelangt man von ihr durch einen unterirdischen Tunnel zum Internationalen Kongresszentrum (Projekt: Architekturbüro JEMS – Olgierd Jagiełło, Maciej Miłobędzki, Wojciech Kotecki, Paweł Majkusiak, Marcin Sadowski, Jerzy Szczepanik-Dzikowski, Bau: 2011-2015), einem niedrigen, weitläufigen Gebäude mit einer schwarzen Gitterfassade und einer Anordnung, die an geologische Formationen erinnert. Die Form und Farbgebung des Kongresszentrums kann als eine Referenz an den Kohleabbau interpretiert werden, der zweihundert Jahre lang der Motor der Entwicklung dieser Region war. Das Gebäude wird diagonal von einem großen Foyer und einem darüber liegenden „grünen Tal“, einem Durchgang zwischen den begrünten Dachflächen, durchschnitten. Trotz der technischen Komplexität und funktionalen Flexibilität des Gebäudes, das für Konferenzen, Theateraufführungen, Messen, Konzerte und vieles mehr genutzt werden kann, erzielten die Architekten ein verblüffend einheitliches Gesamtbild. Das Aussehen des Gebäudes wird von nur drei Materialien bestimmt: außen Stahlgeflecht und innen Beton und helles Holz.

  • Kulturzone in Katowice Foto: Juliusz Sokołowski © JEMS Architekci

    Kulturzone in Katowice

  • Kulturzone in Katowice Foto: Juliusz Sokołowski © JEMS Architekci

    Kulturzone in Katowice

  • Kulturzone in Katowice Foto: Juliusz Sokołowski © JEMS Architekci

    Kulturzone in Katowice

  • Kulturzone in Katowice Foto: Wojciech Radwański © JEMS Architekci

    Kulturzone in Katowice

Über eine maleone, dem Hauptsitz des Nationalen Symphonieorchesters des Polnischen Rundfunks (Projekt: Konior Studio, Bau: 2010-2014). Katowice ist und Komponisten stammen aus dieser Region, und die hiesige Musikakademie steht seit Jahren für ein hohes Niveau. Dies ist sicherlich der Grund dafür, dass das Orchester des Polnischen Run Bau besitzt eine Backsteinfassade, die – witersiedlungen, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert rund um Katowice entstanden. Die vertikale Gliederung der Fassad großer Konzertsaal
 
Aus den Fenstern im Foyer des Konzerthauses erblickt man ein Andenken an die industrielle Vergangenheit der Kulturzone: den Förderturm des Bergwerks Katowice. Heute ist der Förderturm nur noch eine Sehenswürdigkeit des Schlesischen Museums (Projekt: Architekturbüro Riegler Riewe, Bau: 2011-2015) – dem einzigen neuen Objekt der Kulturzone, das zum Teil aus Gebäuden des stillgelegten Bergwerks Katowice besteht. Auch die neuen Gebäude des Museums knüpfen an die Tradition des Bergbaus an. Die Architekten verlegten den Großteil der Ausstellungsräume unter die Erde, die einzelnen Ebenen sind durch Betonrampen und Stollen miteinander verbunden. Aus der Erde ragen nur einige matt verglaste Quader, die zur Beleuchtung der unterirdischen Säle dienen, sowie das ebenfalls verglaste Museumsbüro. Von der nahegelegenen Schnellstraße aus gesehen wirkt die Anlage ein wenig wie eine futuristische Akropolis. Bei Nacht erinnern die von innen erleuchteten Glasquader an gigantische Lampions.
 
So beeindruckend die neuen Gebäude der Kulturzone auch sein mögen, so zweifelhaft ist ihr Gesamtkonzept aus stadtplanerischer Sicht. Zum einen wurden Institutionen, die bis dahin (wenn auch unter unzureichenden Bedingungen) im Stadtzentrum aktiv waren, aus diesem heraus verlegt, wodurch ein Stück Leben aus der Innenstadt verschwand. Zum anderen ist die Kulturzone – wie bereits ihr Name sagt – ein abgetrennter Bereich, ein kulturelles Getto, das im kapriziösen Rhythmus der großen Veranstaltungen funktioniert. Nach dem Ende einer Veranstaltung im Konzerthaus gegen 22 oder 23 Uhr bilden sich lange Staus rund um die Kulturzone. Tagsüber wirkt die Gegend hingegen wie ausgestorben – außer einigen Buchhandlungen und Restaurants gibt es hier nichts, was Passanten anziehen würde. Das Gelände ist einfach zu abgelegen und durch eine Schnellstraße von der Innenstadt getrennt. Wer auf einer der Designer-Bänke rund um den Springbrunnen Platz nehmen oder ein Hochzeitsfoto auf dem Dach des Kongresszentrums schießen möchte, muss einen längeren Fußweg in Kauf nehmen oder noch besser mit dem Auto kommen. Die Kulturzone ist ein Vorzeigeprojekt, das, so sehr es die Einwohner Katowices auch mit Stolz erfüllt, tagsüber ein wenig wie eine hoch geschätzte, jedoch ein wenig leblose Sammlung architektonischer Trophäen wirkt.

Top