Literaturvermittlung und Kulturkommunikation
Die italienischen Literaturseiten und Kulturmagazine der letzten Jahre
Gleichzeitig mit der Verbreitung der sozialen Medien und der Bookinfluencer, die die Literaturvermittlung und Kulturkommunikation revolutioniert haben, entstanden in Italien auch zahlreiche Literaturseiten und Kulturmagazine, die sich anspruchsvollen Textformaten widmen – nicht selten auch als Printausgabe.
Von Antonio Prudenzano
Wie bereits an anderer Stelle erzählt, hat die Verbreitung des Internets zuerst, der Boom der sozialen Medien später, die Literaturvermittlung und Kulturkommunikation revolutioniert, Hierarchien umgestürzt und neue Formate (von Stories bis Videos) ebenso wie neue Berufsbilder etabliert. Daraus folgte eine Krise der bestehenden Modelle und Dynamiken der Kulturvermittlung, die auf dem traditionellen Nutzungsverhalten beruhten.
Die Reaktion des Kulturjournalismus auf die sozialen Netzwerke
Schon 2018 hat sich Nicola Lagioia, Schriftsteller und Leiter der Turiner Buchmesse Salone del Libro in seiner Lectio für das Festival des Kulturjournalismus in Urbino, mit den Schwachstellen und der Zukunft des Kulturjournalismus und der Literaturkritik in Italien auseinandergesetzt. Diese haben auf unterschiedliche Art, unterschiedlich schnell und mit unterschiedlichen Ergebnissen auf den Wandel reagiert. Während viele historisch bedeutende Blätter ihre Kulturberichterstattung verstärkten, indem sie wöchentliche Beilagen ins Leben riefen (von La Lettura im Corriere della Sera, seit 2011, bis zu Robinson in La Repubblica, seit 2016, um zwei der wichtigsten zu nennen), ist ein großer Teil der kulturellen Debatte aus dem Feuilleton ins Netz abgewandert. Also in ein unendliches Universum, in dem nicht nur die Inhalte – Videos, Fotos, Beschreibungen – der Content Creator, Bookinfluencer und seit Neuestem Booktoker Platz finden, sondern auch die „Rezensionen“ der Leser*innen.Einige in Italien aktive Websites und Magazine
Doch nicht nur diese. Während sich die Feeds der sozialen Medien mit Inhalten füllten, entstanden in Italien auch neue Literaturseiten und Kulturmagazine, die eine anspruchsvolle Auseinandersetzung in Form von Rezensionen, Interviews, Analysen und Longform-Beiträgen pflegen und damit jene Blogs ablösen, deren große Zeit langsam vorbei ist. Dieser Boom der Literaturseiten und Magazine verleiht einer neuen Generation von Autor*innen Sichtbarkeit. Nicht wenige heute bekannte Namen der Literatur konnten diese Publikationsformen als Sprungbrett nutzen, um später Bücher oder Artikel in den großen Tageszeitungen und Magazinen zu veröffentlichen.Es ist nicht einfach, diese Seiten und Magazine einzuordnen, denn jede hat ihre eigene Linie und ihre Besonderheiten, auch wenn manche von ihnen zweifellos Ähnlichkeiten aufweisen. Es sind Seiten darunter, die ein breites Publikum erreichen, und solche, die ihre Nische pflegen, Seiten, auf denen es ausschließlich um Bücher geht, und solche, die sich auch für aktuelle Entwicklungen, gesellschaftliche Phänomene und andere Kunstformen interessieren.
Es gibt Seiten eher klassisch journalistischer Ausrichtung, die die Verlagswelt im Auge behalten, wie ilLibraio.it (die der Autor dieses Artikels leitet und die in dieser Form seit 2014 online ist, parallel zur Printausgabe Il Libraio), das Buchressort der Online-Tageszeitung Post, das Giornale della Libreria (das dem Verlegerverband Associazione Italiana Editori nahesteht) und die Seite BookBlister von Chiara Beretta Mazzotta.
Gute Artikel über Literaturthemen finden sich in Tascabile und in Rivista Studio, dem Onlineauftritt des gleichnamigen, quartalsweise erscheinenden Printmagazins, auf den Kulturseiten der italienischen Ausgaben von Esquire und Harper's Bazaar, ebenso in L’Indiscreto (dazu mehr später), in CheFare, im Blog von Kobo, in Cultweek, Limina, CrapulaClub, Pangea und in Not.
Wahre Institutionen der kulturellen Debatte im Internet sind Doppiozero, minima&moralia, La Balena Bianca, Le parole e le cose, La letteratura e noi und der schon historische kollektive Blog Nazione Indiana.
Gute Texte finden sich auch in einem der jüngsten Projekte, Maremosso, dem Magazin der Buchhandelskette lafeltrinelli.it, während andere schon seit Jahren Rezensionen veröffentlichen: etwai, CriticaLetteraria, SulRomanzo, Mangialibri, SoloLibri, Satisfiction und QLibri. Einen wiederum anderen Ansatz verfolgt Libreriamo. Und es gäbe noch verschiedene weitere Namen zu nennen.