Das neurotische Ballett von Schönheit und Vergänglichkeit

Nadezhda Georgieva Galerie © Nadezhda Georgieva

Das neurotische Ballett von Schönheit und Vergänglichkeit

Ausstellung von Nadezhda Georgieva

Das neurotische Ballett von Schönheit und Vergänglichkeit

Ausstellung von Nadezhda Georgieva
Kurator: Vessela Nozharova


17 Mai – 16 Juni 2024
Goethe-institut Bulgarien, Galerie

Eröffnung: 17 Mai, Freitag, 18:30 Uhr


Die Europäische Nacht der Museen in Sofia: 18. Mai, Samstag, 20:00 Uhr, Gespräch mit Nadezhda Georgieva und Kuratorin Vessela Nozharova


NADEZHDA GEORGIEVA (geb. 1973) betritt die Kunst auf ungewöhnliche Weise. Georgievas Arbeit war schon immer mit Kreativität verbunden, sogar an der Grenze zur Kunst. Vor fünf Jahren kehrte sie ihrer Karriere als Creative Director für große Modemarken den Rücken und beschloss, sich ganz der Kunst zu widmen. Sie mietete ein Atelier in Berlin und begann mit ungewöhnlicher Zielstrebigkeit und Entschlossenheit, nach ihrer eigenen künstlerischen Ausdruckssprache zu suchen. In nur wenigen Jahren entwickelte sie eine bemerkenswert reiche und komplexe künstlerische Praxis, die Malerei, Skulptur und virtuelle Realität umfasst. Sie bearbeitet Holz, Keramik, Textilien, malt, näht, stickt, baut riesige virtuelle Welten und schreibt Gedichte. Wie eine mächtige Welle, die nicht aufzuhalten ist, nimmt die Kunst den Raum ihres Berliner Ateliers ein.

Ihr Werk basiert auf Lebenserfahrung, ist aber auch Ausdruck ihrer ungewöhnlichen Persönlichkeit. Sie arbeitet gezielt mit ihren Kindheitserinnerungen, ihren Gefühlen aus den ersten 14 Jahren im kommunistischen Bulgarien, sie verwendet Elemente und Situationen aus ihrem Leben in Deutschland, aus ihrer Arbeit in der elektronischen Musikszene der 90er Jahre. Sie ist stark inspiriert von der Welt des Theaters, der Mode und des Designs.

Georgieva stellt farbenfrohe Charaktere vor, die theatralische Rollen spielen, und schafft so Bilder, die mit Symbolik gesättigt sind. In ihren Werken lassen sich die kulturellen Einflüsse des Balkans, die sie von ihrer bulgarischen Herkunft geerbt hat, die Verwendung einer multikulturellen, eklektischen Sprache, aber auch eine starke persönliche Motivation zur Selbstdarstellung erkennen. Auf semantischer Ebene baut die Künstlerin einige beständige Bilder auf, die sich an vielen Stellen und in verschiedenen Werkserien manifestieren.

Eines dieser Bilder ist die häufig wiederkehrende Frauengestalt. Obwohl sie stilisiert sind, weisen die weiblichen Figuren die gleichen Merkmale auf. Sie sind ausdrucksstark, in Bewegung dargestellt, aber auch in Interaktion mit verschiedenen Naturelementen. Die Natur als Element und die Frau als Äquivalent dieses Elements ist die Bildsprache, die in fast allen Werken von Georgieva zu finden ist. Die Blumen, blühend, sich ergießend, mit oder ohne „fliegende“ Staubgefäße, mit Stängeln und Zweigen wie riesige Tentakel, sind sowohl ein zerbrechliches als auch ein eindeutiges Bild der weiblichen Dominanz.

Der Arbeitsprozess der Künstlerin ist äußerst interessant, denn sie experimentiert unermüdlich mit neuen Materialien und Herangehensweisen, und ihr Werk entzieht sich geschickt jedem Versuch einer Kategorisierung. Er ist langwierig und methodisch, und jedes Werk durchläuft verschiedene Stadien der technischen Bearbeitung. Auf ihre Oberfläche appliziert sie Textilien, malt, schreibt oder näht, stickt sogar. Mit bemerkenswerter Sicherheit komponiert sie Stoffe, Keramiken, Textilien, Holz und Metall und ordnet sie dem angestrebten künstlerischen Bild unter. Sie verwandelt sie in Poesie im wörtlichen Sinne, indem sie ihre Formen mit poetischen Autorentexten umhüllt. Ihre „Gedichte“ sind kühn, ausdrucksstark, im gleichen Atemzug gesprochen, aber auch tief durchdacht.

Die Kunst von Nadezhda Georgieva, die gleichsam in einem Moment des schöpferischen Selbstbewusstseins geboren wurde, muss vom Publikum erst noch entdeckt werden. Sie ist im Begriff, das Atelier zu verlassen und ihren Platz in der Galerie zu finden. Aus dieser Perspektive ergeben sich unendlich viele Möglichkeiten des Ausdrucks und der Interpretation.


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NADEZHDA GEORGIEVA wurde 1973 im kommunistischen Bulgarien geboren, wo sie die ersten 14 Jahre ihres Lebens verbrachte und dann nach Westdeutschland auswanderte. 1995 trat sie in die Musikbranche ein und unterzeichnete einen Vertrag mit Sony Music. Es folgte eine Tournee mit dem amerikanischen Musiker Moby, und später sammelte sie Erfahrungen in der Film- und Medienbranche. 1996 begann Georgieva, verschiedene kreative Konzepte für das Modeunternehmen Diesel Jeans zu entwickeln. Zu ihren Multimedia-Erfahrungen gehört auch die Arbeit in den USA für das Produktionshaus Wall to Wall Media, das zu Warner Bros Entertainment gehört.


VESSELA NOZHAROVA ist eine bulgarische Kunsthistorikerin und Kuratorin, Autorin des Buches „Introduction to Bulgarian Contemporary Art 1982 - 2015“, Kuratorin des bulgarischen Pavillons auf der 52. Biennale von Venedig 2007, Mitkuratorin des bulgarischen Pavillons auf der 11. Architekturbiennale von Venedig, Mitbegründerin des Kuratorenkollektivs „Art - Deeds and Documents“. Vesela hat zahlreiche Ausstellungen in Bulgarien und im Ausland kuratiert, darunter die Ausstellung „Smoke. History of Tobacco", mit der Plovdiv Europäische Kulturhauptstadt 2019 eröffnet wird. Seit 2015 ist sie Kuratorin der Galerie Credo Bonum in Sofia, Bulgarien. Vesela hat einen Master-Abschluss in Kunstgeschichte von der Nationalen Akademie der Künste, Bulgarien.