Gespräche auf der Frankfurter Buchmesse
Reise durch Italien. Reise durch Deutschland.
Nicht nur Menschen, sondern auch unzählige Bücher machen sich auf die Reise zwischen Italien und Deutschland. Und doch zeigen sie je nach Richtung häufig unterschiedliche Tendenzen und stoßen auf diverse Hindernisse. Darüber diskutierten auf der Buchmesse fünf Expertinnen, die sich mit den Reiserouten von Texten zwischen den beiden Ländern befassen: Literaturscout Viktoria von Schirach, Verlegerin Alessandra Ballesi-Hansen vom nonsolo Verlag sowie die Übersetzerinnen Annette Kopetzki, Marina Pugliano und Isabella Amico Di Meane.
Von Marco Maffeis
Zwischen Altbekanntem und Unbekanntem
Der Markt für italienische Titel im Ausland ist zumindest in den letzten zwanzig Jahren im Wachstum begriffen, wie von Schirach festhält. Dies, obwohl einerseits in finanzieller Hinsicht ein positiver Trend, führt andererseits zu einer Nivellierung von Publikumserwartungen: Unter dem Druck der Klischees wird die italienische Fantasie platt.Gegen diesen Strom versucht der Kleinverlag nonsolo anzuschwimmen, indem er italienische Autor*innen nach Deutschland bringt, die noch nicht ins Deutsche übersetzt sind und die über Gemeinplätze hinausgehen – etwa Igiaba Scego und Paolo Di Paolo, um nur zwei Namen zu nennen. „Freud und Leid“ ist für nonsolo die Mission, immer neue Stimmen zu Gehör zu bringen und so einen ständig wechselnden Katalog zu führen.
Wiederkehrende Themen
Blickt man dagegen in die andere Richtung, so stechen zwei Aspekte ins Auge: Vor allem im Vergleich zum Englischen ist die Zahl der Texte, die aus dem Deutschen ins Italienische übertragen werden, sehr gering. Und wenn Bücher es von Deutschland nach Italien schaffen, fällt die thematische Ähnlichkeit zwischen ihnen auf: Vergangenheit (Nationalsozialismus, Holocaust und DDR) sowie aktuelle Fragen nach Migration und Identität.Wer in Italien deutsche Bücher lese, so Pugliano, suche häufig „Hilfe bei der Verarbeitung“. Das bedeutet, dass zum einen in italienischen Werken die Reflexion über Vergangenheit und Gegenwart selten ist und zum anderen auch auf deutsche Werke ein Erwartungshorizont projiziert wird, der beispielsweise Unterhaltung oder Eskapismus ausklammert.