„Die Mitte der Welt“ von Andreas Steinhöfel
Für Jugendliche und Junggebliebene
Der Roman von Andreas Steinhöfel Die Mitte der Welt (Carlsen, 1998) ist eines der wichtigsten deutschen Jugendbücher der letzten 25 Jahre, gilt in Deutschland als Schullektüre, ist quasi ein Kultbuch und die Vorlage für zahlreiche Theaterinszenierungen und für einen Kinofilm. Steinhöfel verarbeitet in seinem Werk eine Reihe von Themen, die heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben. Im Zentrum der Geschichte um die Hauptfigur Phil stehen die Probleme des Erwachsenwerdens, die Probleme einer schwulen Jugendliebe (Phils Liebe zu seinem neuen Mitschüler Nicholas), die Beziehung in der eigenen Familie, die Schwierigkeiten in einer Kleinstadt ausgegrenzt zu sein.
Nun ist das Werk als der erste Titel in der neuen Jugendbuchreihe Oltre des Verlags La nuova frontiera in Italien erschienen. Wir haben Marta Corsi, Editor des italienischen Verlags, einige Fragen gestellt, um u.a. zu erfahren, was diesen Titel auch heute noch lesenswert macht, warum der Verlag diesen Titel ausgewählt hat, vor welchen Herausforderungen ein Verlag bei der Gründung einer neuen Jugendbuchreihe steht, die sich an Jugendliche im Alter ab 14 Jahren richtet.
Das Buch von Andreas Steinhöfel „Die Mitte der Welt“ ist bereits 1998 entstanden, gilt in Deutschland als Schullektüre und ist quasi ein Kultbuch. Warum hat sich euer Verlag dafür entschieden, mit diesem Titel die neue Jugendbuchreihe Oltre zu starten? Wieso kann er den Nerv der Jugendlichen treffen?
Wir hatten „Die Mitte der Welt“ vor Jahren gelesen und es war Liebe auf den ersten Blick, aber wir waren noch nicht bereit, es zu veröffentlichen. Als die Idee für die neue Serie geboren wurde, dachten wir, dass sie endlich den richtigen Platz finden könnte, weil sie die Hauptmerkmale der Serie in sich vereint: ein tadelloser Schreibstil (und eine perfekte Erzählstruktur); ein jugendlicher Protagonist und die Geschichte der Adoleszenz mit den für dieses Alter typischen Ängsten und Zerbrechlichkeiten; die Fähigkeit des Autors, den Leser zu verführen. Junge Menschen können sich also leicht mit einem Roman von großer Qualität identifizieren, aber auch und vor allem von ihm bewegt werden.
„Oltre“ ist eine mutige neue Reihe von Romanen, die nicht für Jugendliche geschrieben wurden, sondern Bücher, die Jugendliche als Protagonisten haben und daher auch für ein reiferes Publikum geeignet sind. Könnte man es eine Serie für junge Erwachsene nennen? Könnt ihr uns erklären, warum dieser Name gewählt wurde?
Wir bezeichnen „Oltre“ gerne als Brücke zwischen unserem Katalog für Erwachsenen und für Jugendliteratur. Eine Crossover-Serie in dem Sinne, dass sie von jedem gelesen werden kann, ohne Altersbeschränkung oder Kennzeichnung. Wie Igiaba Scego über Die Mitte der Welt sagte, ist sie besonders für junge Menschen geeignet, nicht nur in Bezug auf das Alter.
Der Name der neuen Buchreihe „Oltre“ (Jenseits) hat mit dem verlagseigenen Begriff der Grenze zu tun und steht für das Überschreiten der Grenze, das Hinübergehen zu etwas Neuem, das vorher nicht da war.
Der Buchmarkt ändert sich stetig, auch und im Besonderen in der Produktions- und Vertriebsweise. Vor welchen Herausforderungen steht ein Verlag, wenn er eine neue Jugendbuchreihe auf den Markt bringt? Welche Rolle spielt dabei Social Media? Wie versucht ihr die Jugendlichen zu erreichen?
Es gibt immer viele Herausforderungen und Risiken, wenn man einen neuen Weg einschlägt. Wir können uns glücklich schätzen, dass unsere belletristische Auswahl sowohl bei den Lesern als auch bei den Buchhändlern eine gewisse Wertschätzung erfährt, aber die Kommunikation und die Sichtbarkeit eines neuen Projekts sind zwei wesentliche Eckpfeiler. Die sozialen Medien sind ein unverzichtbares, aber nicht ausreichendes Instrument. Wir brauchen sicherlich eine Kommunikationskampagne, um das betreffende Buch bekannt zu machen, aber oft besteht die Gefahr, dass sie zu schnell und flüchtig ist. Soziale Medien sind wichtig für die Mundpropaganda, wenn die Leser selbst die Sprecher eines Buches sind. Gleichzeitig halten wir sehr viel von Lesegruppen - und wir wissen, dass immer mehr junge Menschen den Wunsch haben, die Emotionen, die eine Lektüre weckt, mit anderen zu teilen - egal, ob sie mit einer Buchhandlung verbunden sind oder spontan. Ein Roman wie „Die Mitte der Welt“ eignet sich hervorragend zum gemeinsamen Lesen.
Was tut sich gerade auf dem Jugendbuchmarkt in Italien? Welche Trends und Themen gibt es eurer Meinung nach?
Meiner Meinung nach hat sich in den letzten Jahren viel getan und auch aus dem Ausland kommen immer mehr italienische Illustratoren und Verlage, die recherchieren und sich sehr um die Bücher kümmern. Die Themen sind zahllos, aber es gibt sicherlich einen neuen Schwerpunkt auf wissenschaftlicher Vermittlung und mehr Qualitätsliteratur.
Dürfen wir erfahren, welchen Titel ihr als nächstes in der Reihe Oltre publizieren werdet?
Der nächste Titel, der Ende März 2023 erscheinen wird, ist „Milly Vodović“ von Nastasia Rugani, ein lyrischer und dramatischer Roman mit einer unvergesslichen Protagonistin.