Ein Gespräch mit Luca Simeone
Über die Entwicklung der nachhaltigen Mobilität

  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im MANN Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im Bicycle House Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im Bicycle House Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im Bicycle House Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel
  • Die Ausstellung „Kannst Du Rad fahren?“ im Bicycle House Foto: Martin Devrient © Goethe-Institut Neapel

Pünktlich zur Europäischen Mobilitätswoche präsentiert das Goethe-Institut Neapel die Ausstellung „Kannst du Rad fahren?“. Die Schau zeigt Plakate zum Thema nachhaltige Mobilität, die im Rahmen des gleichnamigen Wettbewerbs für junge Grafikdesigner aus Italien und Deutschland entstanden sind. Mit Luca Simeone, Vorsitzender des Forums für die Förderung der Fahrradmobilität in Neapel und Leiter des Napoli Bike Festival, haben wir über die aktuellen Veränderungen im Bereich der Mobilität und mögliche Szenarien für die nahe Zukunft gesprochen.

Von Christina Hasenau

Inwiefern kann die Ausstellung „Kannst du Rad fahren?“ Denkanstöße für die Debatte zur nachhaltigen Mobilität in Neapel geben?

Diese Ausstellung ist ein echter Gewinn für unsere Stadt. Ich möchte vor allem das visionäre Element vieler Arbeiten betonen. Sie machen es dem Betrachter extrem leicht, sich mögliche Szenarien vorzustellen, seien dies nun positive oder negative. Ziel ist, die Besucher zu berühren und mit der Frage zu konfrontieren, was getan werden kann und getan werden muss – auf individueller und auf gesellschaftlicher Ebene. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die generationale Dimension der Arbeiten, ebenso wie die geografische. Wir sehen unterschiedliche Grade der Bewusstheit, aber einen großen gemeinsamen Nenner: Neapel muss sich verändern, und das rasch und ausgehend von der Art und Weise, wie wir uns fortbewegen. Unsere Stadt braucht Inspirationen und das Gefühl, Teil dieses Transformationsprozesses zu sein, der nach dem Lockdown in ganz Europa und auch in unserer Stadt eingesetzt hat, aber den wir noch beschleunigen müssen.

Die Mobilität der Zukunft hat viele Facetten. Welche Rolle kann in diesem Kontext dem Fahrrad zukommen?

Vor einigen Wochen hat Neapel einen Sharing-Dienst für E-Scooter gestartet, der bei den Neapolitanern, wenn man sich die Nutzungsdaten ansieht, offensichtlich sehr gut ankommt. Gleichzeitig finden auch E-Bikes immer stärker Verbreitung. Das sind eindeutige Signale: Neapel will eine andere Form der Mobilität. Von unten gibt es einen großen Willen zur Veränderung und das Fahrrad ist das zentrale Symbol dafür. Um diese Entwicklung voranzutreiben, müssen wir aber im Bereich Radinfrastruktur stärker anziehen. Seit zwei Jahren bin ich Vorsitzender des Forums für die Förderung der urbanen Fahrradmobilität in der Gemeinde Neapel und ich bin überzeugt: Wenn wir jetzt in kurzer Zeit an strategischen Punkten der Stadt Radwege bauen, über die Piazza Garibaldi, den Corso Umberto, bis zum Geschäfts- und Bürozentrum Centro Direzionale und der Via Foria, dann gibt es im positiven Sinne kein Zurück mehr. Auch der Handel hat begonnen, die Vorteile einer Reduktion des Verkehrs und der Umweltverschmutzung zu erkennen. Wer würde heute beispielsweise die Einführung der Fußgängerzone in der Via Caracciolo rückgängig machen wollen?

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wie werden wir uns in zwanzig oder dreißig Jahren fortbewegen?

Lassen Sie mich dazu ein wenig ausholen. Zu den wichtigsten Lehren aus der Pandemie zählt meines Erachtens die Auseinandersetzung mit der Überlastung der Metropolen und wie sich diese auf die Unersättlichkeit unseres Entwicklungsmodells auswirkt. Die Herausforderung besteht darin, unsere Städte neu zu gestalten, mit mehreren Zentren, einer Wiederbelebung der ländlichen Gebiete und einer besseren Nahversorgung. Ich denke, dass Smart Working in diesem Zusammenhang helfen kann. Fortbewegung ist dann keine Notwendigkeit mehr, sondern ein Vergnügen. Die Wege werden kürzer, die Multimodalität wird sich durchsetzen und auf der letzten Meile werden Fahrräder unschlagbar sein.

Viele Experten sind der Ansicht, dass Autofahren bald nicht mehr attraktiv sein wird, aber damit das geschieht, müssten sich viele Städte strukturell verändern. Was konkret muss in Neapel passieren?

Bald werden wir das Auto nicht mehr vor der Wohnung stehen haben, sondern in einer App auf unserem Smartphone sehen. Neapel muss hier einen Kurswechsel hin zum Sharing von Privatfahrzeugen vollziehen. Mit den Scootern sind wir schon da, wo wir hinwollen, mit den Fahrrädern fast, jetzt sind die Autos an der Reihe. Ein Auto zu besitzen, ist die unwirtschaftlichste Entscheidung, die man treffen kann. Die Kaufkraft ist mit dem Lockdown gesunken. Dennoch es ist nötig, dass der Markt innovative Lösungen zum Vorteil der Bürger anbietet, die es ihnen ermöglichen, ihr Verhalten zu ändern und gleichzeitig ihre Mobilitätsbedürfnisse zu decken. Grundpfeiler dieser Revolution muss der öffentliche Nahverkehr sein, wozu natürlich auch pünktliche, dicht getaktete und effiziente U-Bahnen und Busse gehören.

Wenn Sie eine Bestenliste der fahrradfreundlichsten Städte machen müssten, welche Städte würden Sie ganz vorne reihen?

Amsterdam und Kopenhagen kenne ich aus persönlicher Erfahrung, dort war ich selbst schon mit dem Fahrrad unterwegs. Das sind unersetzbare Vorbilder, sowohl im Hinblick auf das, was dort schon vor mehreren Jahrzehnten begonnen wurde, als auch aufgrund der Tatsache, dass man dort weiterhin sehr innovativ ist. Sehr interessant sind auch die Entwicklungen in Berlin, vor allem hinsichtlich der intermodalen Verknüpfung von Bahn- und Radverkehr, die für eine Metropole entscheidend ist, sowie in Sevilla, wo in den vergangenen Jahren in Sachen Infrastruktur und Radverkehr viel passiert ist und kreative Lösungen entwickelt wurden. Aber auch in Italien gibt es Vorzeigekonzepte. Gern verweise ich hier etwa auf die Stadt Pesaro, mit ihrem Infrastrukturprojekt Bicipolitana – ein echter Erfolg und ein schönes Beispiel gelungener Zusammenarbeit zwischen politischer und technisch-administrativer Ebene, das bereits in mehreren italienischen Städten Nachahmung findet.

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