Donato Piccolos Werk Il ricordo dell’ultima volta che ho pensato – La memoria del suono, das im Rahmen einer Künstlerresidenz in Berlin entstanden ist, wird zum ersten Mal auf dem Media Art Festival im Rahmen der Ausstellung The power to change the world gezeigt und am 27. April um 16 Uhr im Museum MAXXI in der Sektion„Künstlerresidenzen“ vorgestellt.
Donato Piccolo, Jahrgang 1976, interagiert mit verschiedenen wissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Disziplinen. Seine Kunst soll die physischen Kräfte verändern und mit der Natur, die sie erzeugt hat, interagieren. Er ist ein besonderer Vertreter seiner Generation, durch ungewöhnliche Experimente, die fast schon wissenschaftlich sind, veranschaulicht er die verschiedenen Möglichkeiten der Materie sich kontinuierlich in verschiedene Stadien zu verändern, von fest zu flüssig und andersrum. Donato Piccolo beschreibt die unsichtbare Welt, indem er die herkömmliche Materie einer Skulptur zerlegt und dadurch die kontinuierliche Bewegung des Lebens und ihrer Existenz beschreibt. Seine Kunst hinterfragt natürliche, physische und biologische Phänomene durch gezeichnete Entwürfe und durch technologische und mechanische Installationen.
Bekannt machten ihn seine Recherchen über atmosphärische Phänomene wie Wirbelstürme, Tornados, Gewitter und „Systeme sichtbarer Umkehrbarkeit“, wie sie der Künstler nennt, die zum besseren Verständnis führen sollen als die verschiedenen Daten, die die Wissenschaft zur Verfügung stellt. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Galerien und Institutionen ausgestellt, sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene.
Il ricordo dell’ultima volta che ho pensato – La memoria del suono
(Erinnerung an das letzte Mal, das ich gedacht habe. Das Andenken an den Klang)
Für das Werk, das auf dem Media Art Festival 2017 präsentiert wird, hat sich der Künstler Donato Piccolo mit Entropie auseinandergesetzt. Mit Hilfe der Erinnerung an den Klang als formales Element hat er die Beziehung zwischen Chaos und Ordnung in der Natur analysiert.Die immaterielle Skulptur besteht aus Wasser, das Piccolo durch die Klangfrequenzen in Hertz, die es empfängt, in ein visives Element verwandeln will. Durch die Verbindung der temporären und der phänomenologischen Dimension der natürlichen Elemente nimmt das Konzept der Existenz in ihrer Zerbrechlichkeit Gestalt an. Der amerikanische Autor H. Adams sagte einst, dass Chaos dort Leben schafft, wo Ordnung zur Gewohnheit geworden ist und diese wiederum ein Andenken erzeugt. Ordnung und Chaos gleichen sich gegenseitig aus, aber während Ordnung künstlich geschaffen wird, entspringt das Chaos der Natur. Wenn man das Chaos versteht hilft das, die Natur zu verstehen, aus der wir geschaffen wurden.
Interview
Wie kamen Sie zur Medienkunst und was begeistert Sie an diesem Genre?
Ich glaube, dass man zur Medienkunst gelangt, wenn man das Potential der technologischen Elemente, die wir zur Verfügung haben, versteht. Ein Künstler benutzt alles, was um ihn herum ist und dadurch entstehen Ideen, die schrittweise ein Kunstwerk formen. Die Medienkunst existiert schon seit der Renaissance, als Bildhauer und Maler stilistische Innovationen an ihren Werken angewendet haben und dabei Mittel verwendet haben, die für damalige Zeiten hoch technologisch waren. Ich denke da besonders an Leonardo da Vinci und all seine Experimente. Was die visiven Künste betrifft, da glaube ich, dass sie auf dich trifft, wenn du jung bist, sich deine Rezeptoren noch entwickeln und du versteht, dass „auf den Füßen stehen“ nur eine Frage der Prospektive ist.
Was reizte Sie an der Residenz und an Berlin?
Die Zufälle, aber nicht nur. Ich kannte ich diese Stadt kaum, auch wenn ich schon ab und zu in Berlin gearbeitet habe. Man atmet hier Dynamismus und die Lust, etwas zu tun, was ansteckend ist und zu einer fruchtbaren Ideenschöpfung führt, die sich dann zu gut definierten Ideen weiterentwickeln. Während meines Aufenthalts, am 12. Dezember 2016, gab es ein terroristisches Attentat, bei dem ein LKW auf dem Berliner Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast ist, was Verletzte und auch Tote zur Folge hatte. Daraus sind Panik und Durcheinander entstanden, und meine Gedanken sind beim Konzept von Ordnung und Chaos hängen geblieben. Ich habe mich gefragt, wie viel Kontinuität das Chaos entwickeln kann, bis sein zufälliger Charakter und sein Anfangsstatus verschwinden und eine „Programmierung“ behaupten kann. Andererseits, nach der Theoretisierung der Quantenmechanik, hat sich das Konzept der Gegensätze (Ordnung und Chaos) verändert, sodass das Chaos beginnt die Möglichkeit zu haben, geregelt zu werden. Diese Überlegungen aus Berlin haben mich für eine lange Zeit begleitet und mir neue Inspirationen für eine meiner Arbeiten gegeben, die ich auf dem Media Art Festival im MAXXI in Rom vorstellen werden. Man könnte sagen, dass ein städtisches Ereignis einen Gedanken entwickelt hat, der sich in einem visiven Kunstwerk konkretisiert hat.
Was gefiel Ihnen an Berlin und was gar nicht?
In dieser Stadt, abgesehen von der lebendigen und anregenden Atmosphäre, wurde ich sehr gut aufgenommen und habe einen wunderschönen Ort gefunden, wo ich meine Gedanken vertiefen und später dann teilen konnte. Berlin ist eine zeitgenössische Stadt, die sich von den Leuten und den Ideen der Leute ernährt. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich diese Stadt neu aufbauen und genau diese vitale Energie ist es, die die Inspiration nicht nur für eine architektonische, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung gegeben hat. Diese Lust nach Revanche und einer Wiedergeburt hat nie aufgehört, daher ist Berlin in ewiger Entwicklung.
Welche Themen inspirieren Sie zu Ihren Werken?
Normalerweise kommen mir die Ideen für meine Werke durch die Beobachtung des Äußeren, der Natur, der Welt der Phänomene. Viele verbinden meine Arbeiten mit wissenschaftlichen Theorien und analysieren ihre ästhetischen Konvergenzen. Mir persönlich geht es nicht darum, ich analysiere das Visive wie ein Element emotionaler Kenntnis, überzeugt davon, dass sich die Kunst in den unwahrscheinlichsten und verstecktesten Orten befindet und sich dank der Personen, die ihr Wert geben, entwickeln. Der Wert der Kunst liegt mehr in den Personen, als in den Objekten.
Mit welchem Künstler würden Sie gern mal zusammenarbeiten?
Ein Künstler, mit dem ich sehr gerne zusammengearbeitet hätte, ist Joseph Beuys. Wenn ich aber an noch lebende Künstler denke, dann wären das Hans Haacke, Panamarenko und Roman Signer.
Was wollten Sie schon immer mal ausprobieren – auch künstlerisch – und haben es sich bisher nicht getraut?
Jedes Werk verlangt Mut, Opfer und Risiko, andernfalls wäre es für einen Experimentierer nicht sehr attraktiv. Bisher habe ich mich noch immer in neuen Projekten auf die Probe gestellt mit der Überzeugung, dass das Experimentieren anregend und eine Wachstumsquelle sei. Ein Werk, das ich gerne realisieren würde, aber noch am Überlegen bin, ist ein Sonnenuntergang. Aber nicht einfach die Reproduktion seines Bildes, sondern die des realen Phänomens, das Emotionen und Sensationen realistisch reproduzieren kann.
Mit wem würden Sie gern mal einen Tag tauschen?
Mit einem Künstler oder einer anderen Persönlichkeit? Einen Tag lang wäre ich gerne Charlie Chaplin, aber nicht der Schauspieler, sondern die Figur, die er geschaffen hat.
Sie reisen auf eine einsame Insel. Was würden Sie in jedem Fall mitnehmen?
Die Reproduktion des Phänomens. Sicherlich ein Lineal und eine Uhr.